Fast täglich werden uns in der Praxis junge Hunde mit Augenproblemen vorgestellt. Augenerkrankungen sind ein heikles Thema, weil für uns Menschen der Visus ein sehr wichtiger Sinn ist. Der Hund ist nicht so sehr abhängig von der Sehkraft wie der Mensch, aber natürlich sollte man Probleme mit den Augen nicht auf die leichte Schulter nehmen. Gerade bei jungen Hunden muss mit aller Vorsicht der Ursache auf den Grund gegangen werden. Zum Beispiel führen einige Veränderungen der Wimpern oder Augenlider zu Augenentzündungen. Am häufigsten handelt es sich aber um die sogenannte Konjunktivitis follicularis. Hierbei wird viel zu oft auf Antibiotika und Cortison zurückgegriffen wird als nötig, und das gerade bei jungen Hunden. Deshalb ist es uns ein besonderes Anliegen darüber zu berichten.
Ursächlich für das Auftreten der Follikel ist eine überschießende Reaktion des Immunsystems. Hierzu muss man wissen, dass junge Hunde sich mit allerlei Dingen auseinandersetzen (müssen), die das Immunsystem noch nicht kennt. Eine entscheidende Rolle spielt hierbei die „Schule des Immunsystems“, der Darm. Hier werden Bakterien „sortiert“, hier wird entschieden gegen welche Keime man sich wehrt und welche man akzeptiert, hier werden mehr als 80% der Immunzellen gebildet. Deshalb ist eine gesunde Ernährung wichtig (was das genau bedeutet, erklären wir Ihnen gerne während eines Termins). Das fehlgeleitete Immunsystem der Augen wehrt sich nun extrem gegen Dinge, die es besser in Ruhe lassen würde. Das können Bakterien, Viren, Pilzsporen, Pollen und andere Dinge sein. Dabei bildet es die charakteristischen Follikel, das sind kleinste Bläschen auf der Schleimhaut des Auges (Konjunktiva) und auf dem dritten Augenlid (Nickhaut).
Auch in diesem Stadium hat das Auge, bzw. sein Immunsystem, noch die Chance zu lernen. Deshalb ist ein Einsatz von Cortison und Antibiotika nur im Extremfall sinnvoll, weil dadurch der Lerneffekt verpufft. Effektiver ist es, die Entzündung mit pflanzlichen Augentropfen zu behandeln. Dann hat das Auge auch dauerhaft etwas davon. In ganz schlimmen Fällen, muss das Auge lokal behandelt werden. Früher wurden die Follikel mit einem scharfen Löffel ausgekratzt und danach mit Silbernitrat verätzt. Die Erfolgsquote bei dieser Methode ist gering. Dank modernster Technik sind wir heute in der Lage mit meist einer Behandlung eine dauerhafte Genesung zu erreichen. Mit der Laserchirurgie steht uns die wohl beste Möglichkeit weltweit zur Verfügung. Dabei werden die Follikel mit dem Laser zerstört, es bildet sich ein Reaktionskomplex, auf den zerstörten Follikeln bleiben Antigenstrukturen bestehen, die das Immunsystem nun nutzen kann, um daraus zu lernen. Ähnlich wie bei einer Impfung, nur nicht so extrem, dass milliarden Antikörper gebildet werden, sondern dass das Immunsystem modifiziert wird.
Für uns ist der Unterschied zwischen Genesung und symptomatischer Verbesserung extrem wichtig. Genesen kann diese Krankheit nur, wenn das Immunsystem selbst in Ordnung ist. Mit Cortison erreicht man eine vorübergehende klinische Verbesserung aber keinen dauerhaften Erfolg.